Re: So einfach ist es nun auch wieder nicht!
Hallo Silke,
etwas ungewöhnlich, dass ich mich hier auf fremden Terrain in die Diskussionen einmische, da ich kein Rockträger bin, aber in diesem Fall geht es um einen adoptierten Beitrag von mir und da glaube ich, etwas dazu beitragen zu können.
Dieser Beitrag klassifiziert meiner Meinung nach viel zu sehr in schwarz und weiß. Aber so einfach ist es nicht.
Richtig, ganz so einfach ist das natürlich nicht. Das Schwarz-Weiss Muster kommt aber vor allem dadurch, das es sich hier nur um einen kleinen Ausschnitt handelt. Es ist das, zugegeben etwas scharf formulierte, Ergebnis intensiver Beobachtungen der Geschlechtsgenossen im Hinblick auf Ihrer eigene Darstellung.
Die Frau als selbstbewusstes, modisches Individuum - da sträuben sich mir die Nackenhaare, denn ich kann davon nicht viel entdecken.
Diese "Behauptung" stammt aus einer Wolford-Werbung. Ich hatte sie übernommen und einen Beitrag darauf aufgebaut. Wenn man sich auf Wolford-Produkte beschränkt stimmt das auch. 1997 war jeder 4. Wolford-Kunde ein Mann - erstaunlicherweise begegnen mir ständig Frauen, die von Wolford-Artikeln schwärmen, Männer jedoch nie (wenn man mal von einschlägigen Foren absieht).
Sicher, der männliche Kleiderschrank offenbart weitaus weniger Möglichkeiten als der weibliche.
Und über die Zusammensetzung des Kleiderschranks entscheidet die Frau wesentlich autonomer als der Mann.
Aber wenn man mal genau hinschaut: Auch die Frauen unterliegen einem engen Zwang - ich habe eben nicht alle Freiheiten, denn wenn ich als Lehrerin mit einem Minirock in die Schule gehe... Ich denke, Ihr könnt euch vorstellen, was da los ist.
Das kann ich, nur ist das ein gewaltiger Unterschied.
O.K. - Frau wird damit in gewisser Weise Probleme damit haben.
Aber wenn Du mal überlegst, wie viele Frauen seit ca. 30 Jahren als Lehrerin in der Schule irgendwann einmal einen Minirock getragen haben, dann ist das verglichen mit den Männern immer noch unendlich viel mehr, denn bei den Männern würde ich da mal 0 ansetzen.
Männliche Lehrer tagen in Schulen keine Miniröcke.
Und der Grund dafür ist klar:
Sie würden als pervers abgestempelt, und selbst wenn die Kollegen Toleranz beweisen, die Eltern würden massiven Druck machen und es gäbe entsprechende Konsequenzen.
Schaut euch doch mal die Frauen an - welche hat denn wirklich einen ganz eigenen, nicht zu verwechselnden Stil???
Bein genauen Hinsehen, kann ich da viele entdecken (deutlich mehr als bei Männern jedenfalls). Mode ist natürlich auch in gewisser Weise immer Anpassung und auch Distanzierung von den Angepassten. Es würde jetzt den Rahmen dieses Beitrags sprengen, würde ich versuchen eine soziologische Betrachtung dieser Vorgänge loszulassen.
Aber soviel ist für mich klar: Die weibliche Mode wird eher durch Vielfalt geprägt, die männliche mehr durch Einfalt.
Das ist doch auch eine Ausnahme, genauso wie ihr mit euren Röcken. Alle tragen sie im Büro Kostüme, unauffällige Jeans, unauffällige Schuhe, einen schlichten Pullover ohne viel Schnickschnack. Das soll Freiheit und Selbstbewusstsein sein? Darüber kann ich leider nur traurig den Kopf schütteln. Der auf den ersten Blick soooo große Unterschied zwischen Frauen und Männern in Bezug auf ihre Kleidungsmöglichkeiten ist bei genauer Betrachtung nämlich so groß nun auch wieder nicht.
Die Möglichkeiten unterscheiden sich nicht im Extremfall nicht besonders, da hast Du Recht, aber die Taten schon. Und genau das ist das Absurde. Alles ist für alle verfügbar, nur bei den Männern gibt es eine ganz ganz kleine Zahl von Extremisten, die es für sich nutzen. Das ist eben die Frage von Mut und Selbstbewusstsein, und da sind die Frauen besser drauf.
Nun zu der Behauptung, der Mann sei in der Regel nur ein "verklemmter Winzig-Teil der Massenerscheinung Mann", nur dann Selbstbewusst, wenn er den Macho spielen kann."
Diese Behauptung ist im Original von mir, und das sehe ich auch exakt so. Du solltest Dich mal als Mann verkleiden und Dich eine Umkleidekabine eines Sportcenters begeben. Hier sind sie dann unter sich, die ganzen Kerle dieser Welt. Keine Frau stört nun Ihre Selbstdarstellung, hier sind sie ganz Mann. Am stärksten fühlen sich hier jene Gockel, die meinen, das Machobild am besten zu förden. Wenn sie schon nicht die dicksten Muskeln haben, dann wenigstens die besten Sprüche, das bringt immer Punkte in der Gruppenhierarchie, genau wie das Niedermachen derer, die nicht ins Bild passen. Erwischt man dann mal solche Typen alleine, ohne Podium, machen sie ganz schnell den Rückzieher - ein Winzigteil eben, nur Stark als Teil einer Massenerscheinung. Ich glaube, dass Du als Frau eher den Einzelmann erlebst, da muss der natürlich eine andere Rolle spielen um zu punkten.
Ich werde demnächst mal ausführlicher über meine Beobachtungen in diesen Lokalitäten berichten. Nur so viel noch: Mir ist da schon einige Male übel geworden, bei so viel Männlichkeit.
Das ist doch eine Position, von der ihr alle, die ihr den Mut habt, Röcke zu tragen, weg wollt. Ihr wollt nicht aufgrund eurer Kleidung sofort in eine Schublade gesteckt werden, sondern als Individuum wahrgenommen werden. (Wobei ich natürlich nicht abstreiten kann, dass die Kleidung dabei auch eine Rolle spielt.)
Nicht nur, wenn "Mann" Röcke trägt. Die Kleidung auf der der Massenmann besonders stolz ist, ist einfach ekelig. Als Beispiele kann man hier mal den Bollonseidenanzug der Deutschen Fußballnationalmannschaft nennen, passend dazu die Adiletten (ist ja so bequem). Oder die Stone-Washed-Jeans mit den Cowboy-Stiefeln- auch das einfach so getragen, weil es cool aussieht, Marlboro inclusive. Bis hin zur Schiesser-Feinripp-Unterwäsche, da angeblich ein Leben lang hält (fragt sich nur was). Das sind keine Klischees sondern erlebter Alltag.
Ich kenne durchaus Männer, die wenig Wert auf ihre Freiheit in der Wahl der Kleidung legen, auf den ersten Blick also "farblos" erscheinen. Aber sie sind es nicht. Sie sind auch keine Machos, die so Selbstbewusstsein vortäuschen wollen.
Es sind Männer, die in Ordnung sind. Es war eben nicht schwarz-weiß gemeint.
Jeder hat das Recht darauf zu tragen, was er möchte. Aber leider gibt es nachweislich Situationen, in den Männer nicht das tragen, was ihnen gefällt oder sie sich gut darin fühlen, nur weil sie Angst haben, oder ihre soziale Stellung in Gefahr sehen, wenn sie auffällig abweichen. Und genau das ist nicht gut.
Es gibt Kleidung, die Gefühle vermittelt, die für bestimmte Menschen großartig sind. Sie verstecken sich, weil sie sich nicht trauen. Und dieses Verstecken ist das eigentliche Problem.
Das haben Frauen nicht nötig.
Es sind ganz prima Menschen, die sich aber nun mal nicht viel aus Kleidung machen, aber ansonsten vor Selbstbewusstsein strotzen - dies allerdings nicht nur Machogehabe zur Schau tragen.
Sie machen sich nichts daraus, wie sich ihre Kleidung anfühlt ?
Sie machen sich nichts daraus, wie sich ihre Kleidung trägt ?
Sie machen sich nichts daraus, wie sie in ihrer Kleidung aussehen ?
Sie kennen nicht den Kick edler Stoffe ?
Diese Männer haben offensichtlich in ihrem Leben etwas verpasst. Leider nicht aus Mangel an Gelegenheiten, sonders aus freiwilligem Selbstverzicht.
Sie haben nicht den Mut, es zu erleben, das ist alles, aber das ist eben das Traurige.
Grüße
teka