Re: Reißverschluß hinten, ist das noch männlich?
Hallo zusammen,
Also ich für meinen Teil muss dazu sagen, dass mir eine Unterscheidung von Männer- oder Damenröcken aufgrund der Stilistik (also z.B.: wo und wierum liegt der RV?) irgendwie künstlich vorkommt, schon wieder eine Schubladisierung gegen die wir doch kämpfen, oder? Die einzige Unterscheidung, die ich persönlich zulassen mag, ist die der physischen Proportionen der jeweiligen Zielgruppe, das heisst: die in der Tat vorhandenen unterschiedlichen Proportionen der Geschlechter wollen im Grundschnitt eines Rockes oder Kleides berücksichtigt werden.
Genauso wie Marc trage ich ziemlich viel Kleidung aus der sog. Damenabteilung, denn sie passt mir definitiv besser (habe eine sehr drahtige, schmächtige Konstitution), und ich mag auch in allem die grössere Vielfalt die sie zu bieten hat: Wenn ich ein perfekt passendes Kleid -- in vergleichsweise maskulinem Stil -- gefunden habe, dann kaufe ich es und trage es ohne Scheu und mit Stolz und Selbstverständlichkeit. Kleider mit RV haben diesen meist seitlich (links) oder hinten, während welche mit durchgehenden Knopfleisten von vorn zu schliessen sind. Da es noch kaum sog. Männerkleider gibt, müsste man dann also fordern, dass zukünftige solche den RV vorn oder auf der rechten Seite haben müssen, und entspr. Knopfleisten hinten, sowie einen evtl. vorhandenen Eingriff auf jeden Fall rechtsherum? Gestatten, aber das wäre IMHO doch ziemlich albern.
Christians 25-Limit kann ich übrigens noch toppen, denn die überwältigende Mehrzahl meiner Röcke und Kleider kamen mich unter 5 bzw. 15: gute, fast immer neuwertige Second-Hand-Ware meist von hochwertigen Markenherstellern, oder Ware aus dem Lagerabverkauf.
Zitat von Collantix: "Vielleicht wäre es ganz interessant zu klären, was sich die Leute konkret unter Transvestiten vorstellen. Das würde vielleicht einiges klären. Ich glaube nicht, daß man das an Reißverschlüssen festmacht..."
Also auch etwas, was ich immer wieder betonen möchte (auch wenn Ferdi das hier bereits getan hat), nämlich das allgemeinene Unwissen über Transvestiten: ein offensichtlicher Mann in 'Frauenklamotten', selbst in einem Rüschenkleid und Stöckelschuhen, ist KEIN Transvestit und KEINE Tunte, sondern ein Mann mit nur etwas ungewöhnlicher Bekleidung. Erst wenn es in allem (das Gesamtbild, wie Marc es formuliert) eine zunächst offensichtliche Frau ist, die man bei mehr oder weniger genauen Hinsehen oder -hören als biologischen Mann erkennen kann, dann ist es ein Transvestit, oder auch ein eben sehr femininer Mann (was für den Betreffenden eine sehr wichtige Unterscheidung darstellt). Eine Distanzierung von offensichtlich männlichen Rockträgern gegenüber Transvestiten ist also m.E. gar nicht nötig.
Und nach meinem Weltverständnis ist nur ein schwuler Transvestit (vermutlich die Minderzahl) eine Tunte... folglich gibt es gar kein typisch 'tuntiges' Aussehen, denn Homosexualität ist bekanntlich eine unsichtbare Eigenschaft. Warum mir das so wichtig ist: Weil ich selbst eine (kurze) Übergangsphase als Transvestit hatte, zwischen meinen Dasein als Hosenträger und dann Rock- bzw. Kleiderträger. Das hat mich für diese Begriffe und deren Bedeutung halt stark sensibilisiert.
Weiter sehe ich die Sache so: Ein Mann in Pumps, Rüschenrock und Spitzenbluse ist genauso (mehr oder weniger) männlich, wie eine Frau in Cowboystiefeln, Jeanshosen und Holzfällerhemd (mehr oder weniger) feminin sein kann. Ich denke, das hängt vom Menschen- und Figurtyp ab, und natürlich davon, ob die Sachen auch eine angemessene Passform haben (s.o.) und eine gewisse Form von Stil erkennbar ist.
Ich habe mittlerweile auch kein Problem damit, wenn (selten) mich jemand als 'Schwuchtel', 'Transe' oder 'Tunte' zu beschimpfen versucht, denn ich bin ja nichts davon. Und wenn man mich nicht für besonders maskulin hält, gereicht mir das zur Ehre, denn ich sehe mich selbst sowas von überhaupt nicht ausgesprochen maskulin. Typisches Männer-Machogehabe und -gerede geht mir (und ging mir immer) echt auf den Keks. Wie Collantix es sagt: ich möchte als Mensch ernstgenommen werden, und das gelingt mir immer besser, seit ich keine Hosen mehr trage!
Was das Pieseln angeht: Solange es leider genug von den Schweinen gibt, die einfach so auf der Strasse in die nächste Ecke oder ans nächste Auto pinkeln, muss ich mir keinerlei Sorgen machen, wenn ich aus Bequemlichkeit in einer schmuddeligen Herrentoilette im Stehen einfach nur die Rockvorderseite hochkremple. Im Idealfall suche ich aber die geschlossene Kabine auf, verrichte auch das kleine Geschäft im Sitzen und verwende dabei ebenfalls Toilettenpapier, was beides ein gepflegter Mann von Welt vielleicht schon immer tat, mit oder ohne Rock.
Hauptstädtische Grüsse
El Buitre