Rock vs. Karriere

Mialin, Sunday, 20.02.2000, 18:13 (vor 9261 Tagen)

Hallo Leute,
eine Diskussion weiter unten hat mir sehr gut gefallen - es ging um Konventionen Freidenker Kariere usw.

Aufgefallen ist mir die Argumentationskette, die ungefähr den Inhalt hatte, das ein rocktragender Mann ein Freigeist ist, der sich nicht an Konventionen halten will, und daher schwerer in der gesellschaftlichen Hierarchie aufsteigen kann, und im u.U. sogar seine gesellschaftliche Stellung riskiert. Der einzige Weg ist die „Flucht“ in eine Subkultur, wie sie dieses Forum bzw. die Rockertreffen darstellen.

Was mir dabei unangenehm auffällt, ist die dargestellte Konsequenz von unkonventionellen Handeln, - egal ob es jetzt auf Kleidung, Ansichten oder Verhalten bezogen ist, zu Gesellschaftlichen Problemen, Karriereeinbrüchen oder zu Ausgrenzung in irgendeiner Form.
Ich würde den Spieß sogar umdrehen.
Wer sich immer nur an die „scheiß Konventionen*“ hält, sich brav in das Gesellschaftsgefüge um ihn herum eingliedert, wird nicht auffallen; aber, nur wer sich irgendwie von der Masse abhebt, hat die Möglichkeit auch bemerkt zu werden.
Dazu kommt noch, dass Leute die das leben was von ihnen erwartet wird, und nicht das wonach ihnen zumute ist, seltener einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der wirklich erfolgreiche Typ ist für mich am ehesten der, der den mehr oder weniger engen Rahmen des Üblichen für sich nach seinen Vorstellungen aufweitet, ohne eklatant gegen zu viele, auch durchaus notwendige Grundsätze des Zusammenlebens zu verstoßen.
Ich denke, dass auch nur diejenigen, die sich ihrer, u.U. ungewöhnlichen Persönlichkeit bewusst und mit ihr im Reinen sind, weitgehend problemlos auch öffentlich in einem Rock auftreten können.
Dabei stellt sich nicht die Frage, ob man irgendeine Führungsposition oder ähnliches erreichen will; der Rock wird dabei nicht schaden, wenn die gesamte Person dafür geeignet ist. Damit will ich jetzt natürlich nicht sagen, dass es zur Zeit, zu vielen Gelegenheiten nicht äußerst unangebracht wäre als Mann im Rock zu erscheinen.
Ich für meinen Teil mache, wenn ich darauf angesprochen werde, nirgends ein Geheimnis daraus, auch öffentlich einen Rock zu tragen, bin aber sehr selten im Rock außer Haus, da ich es erstens nicht immer für angebracht halte, und ich dazu außerdem oft schlicht zu feige bin.


Ein Satz ist mir in der Diskussion noch aufgefallen, da ich alles was mich interessiert hat einfach zusammenkopiert habe, kann ich leider gerade nicht mehr rekonstruieren von wem er war(sorry):

Ich muß zugeben, daß dies mir persönlich noch nicht gelungen ist.
Vielleicht fehlt mir die innere Freiheit dazu, den Sprung zu wagen. Deshalb
trau ich mich auch nicht in der Öffentlichkeit Röcke zu tragen.

Mach es einfach trotzdem einfach mal! Egal was Du Dir alles vorher Schlimmes ausmalst! Mir ist es genauso gegangen, aber ob Du es glaubst oder nicht, nach vollbrachter „Arbeit“ war diese innere Freiheit irgendwie da –„ ICH habe es gemacht, ICH bin irgendwie unabhängig und nur MIR und nicht den anderen verantwortlich!“

Und geh dabei gleich unter Leute - der abgelegene Wald bringt nichts außer Zweifel.

Milain


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