Re: Schreibkultur

minirocker, Thursday, 23.09.2004, 13:23 (vor 7584 Tagen) @ JürgenB

stimmt und stimmt nicht. Ich glaube eher, daß durch die Masse die man heute lesen kann es umso wichtiger wird zu filtern: was will ich überhaupt lesen?
Damit ist "Auffallen" angesagt: nur, wer sich aus der Masse erhebt, findet Beachtung. Das gilt für den Menschen wie für den geschriebenen Text. Aus diesem Grunde widerspreche ich Deiner Aussage, daß die Sprache still und heimlich ihrer Kraft beraubt wird! Denn in all dem zu lesenden Müll heben sich die wenigen Texte, bei denen der Verfasser die Kraft der Sprache geschickt einsetzt, besonders hervor. Man kann halt eben die Niveaudifferenz vergrößern, indem man das Hohe weiter erhöht, aber auch indem man das Niedrige weiter erniedrigt!
Gruß
JürgenB

Hi! Das sind 2 verschiedene Sachen: Die Qualitaet des Geschriebenen einerseits
und der Schwierigkeit des Auswaehlen aus der heutigen Inflation des Wortes andererseits.
Wobei ich KEINEN Zusammenhang zwischen beiden sehe.

Zum Ersten: Durch Schwinden des Bewusstseins fuer die Moeglichkeiten und die kulturelle Bedeutung der Sprache (weil man es anscheinend heutzutage in der Schule nicht mehr beigebracht bekommt) kommen wir zu einem minderen Sprachlevel. Sprache wird zum Informationsuebermittlungsmedium degradiert.
Damit geht einher, dass die Leute Schwierigkeiten bekommen, sich richtig verstaendlich zu machen. Das Gesprochene/Geschriebene wird vorher nicht durchdacht und strukturiert. Es kommt dabei ein fuer den Zuhoerer/Leser anstrengender Wortschwall heraus. Die Inflation des Wortes nimmt seinen Lauf:
Mit immer mehr Worten wird immer weniger gesagt.

Zum Anderen: Auffallen. Genau das ist, was Literatur angeht, ein Problem.
Was man gut vermarktet, was auffaellt, ist heute "angesagt". Wird gut verkauft.
Und das sagt nichts ueber die Qualitaet des Verkauften aus!
Siehe z.B. die zur Zeit unzaehlig auf den Markt geschwemmten Biografien.
Genau das "Auffaelligkeitsmerkmal" in einer Zeit der Vermarktung und bewussten Buerger-verarschung (sorry, musste mal sein) macht es einem unsaeglich schwer, glaubhaft interessantes zu finden. Es wird halt viel geklappert, aber die Leute, die wirklich etwas zu sagen haben, werden immer weniger. Bzw sind unter dem ganzen Buchstaben-Sondermuell schwer zu finden.

Weil sie sich eben nicht durch Effekthascherei in Szene setzen.


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