Verkäuferin in der Identitätskrise

JürgenB, Saturday, 24.05.2003, 00:32 (vor 8081 Tagen)

Hallo Leute,

heute am späten Nachmittag war ich in der Siegener City-Galerie, ein Einkaufscenter mitten in der Stadt mit rund 100 Geschäften. Unter anderem besuchte ich auch den dortigen Werdin-Store, ein Jeansladen (Kette mit 80 Filialen) um mich nach einem anderen Oberteil passend zum Jeansrock umzusehen. Bekleidet war ich mit einem Jeans-Mini und einem Langarm-Shirt in bordeaux.

Bei der Suche eilte gleich eine nette junge Verkäuferin herbei. Sie zeigte mir dann auch einige Teile, bis ich sagte "Das sieht an mir vom Stil zu feminin aus!" Sie erwiderte: "Ich dachte das wollen Sie!?" "Aha, wieso?" war meine Antwort. Sie daraufhin: "Naja, mit Rock..." Daraufhin fragte ich sie ob sie Hose trägt weil sie männlich wirken will, worauf sie nicht sofort Antwort gab. Da sagte ich: "Dann hab ich Sie wohl jetzt irritiert, aber ich möchte eben nicht so wie die meisten Frauen rumlaufen, nämlich mit Jeanshose!"

Nachdem sie ihre heruntergefallene Kinnlade wieder eingerenkt hatte, wurde es noch ein nettes Gespräch mit allen 3 Verkäuferinnen im Laden. Die anderen beiden hatten nämlich genau zugehört. [image]

Gruß
JürgenB

Re: *hämischbreitgrins*

Ferdi, Saturday, 24.05.2003, 00:40 (vor 8081 Tagen) @ JürgenB

Gut gemacht, Jürgen!!!!!
<center>[image]</center>
Schöne Grüsse,
Ferdi

PS: Bist Du morgen im Löhr-Center?

Re: *hämischbreitgrins*

JürgenB, Saturday, 24.05.2003, 02:48 (vor 8081 Tagen) @ Ferdi

Gut gemacht, Jürgen!!!!!
<center>[image]</center>
Schöne Grüsse,
Ferdi
PS: Bist Du morgen im Löhr-Center?


Nein, am Betonmischer

Re: Verkäuferin in der Identitätskrise

radix, Saturday, 24.05.2003, 12:14 (vor 8081 Tagen) @ JürgenB

Hallo Jürgen,

auch ich möchte dir zu dieser schönen Geschichte gratulieren. Mit deinem gesunden Selbstbewusstsein hast du diese lustige Situation absolut klasse gemeistert.

Ein solches Erlebnis wird sicher auch auf Seiten der Verkäuferinnen nicht ohne Wirkung bleiben, sondern sie werden es ihren Freunden - und Freundinnen - weiter erzählen, so dass der Rock am Mann nach und nach immer "normaler" wird.

Schön, dass du auch uns im Forum an deinem lustigen Erlebnis hast teilhaben lassen.

Ein schönes Wochenende wünscht dir und allen Lesern/innen des Forums

radix

Re: Verkäuferin in der Identitätskrise

tempo, Saturday, 24.05.2003, 18:14 (vor 8080 Tagen) @ JürgenB

Hi JürgenB,

nette Geschichte, könnte mir auch passieren...wobei ich mich in den letzten tagen mal wieder über die Meinungen meiner Umwelt aufgeregt habe und die Sterotypen Meinungen, wie Mann zu sein hat und was männlich ist.
Eine gute Freundin sagte mir, im Gespräch mit anderen hätten viele gesagt, daß ich schon sehr weiblich wäre ("naja, das ist doch der, der im Männerrock rumläuft, Ballett macht und mehr Gefühle zeigt, den finde ich ziemlich weiblich") und flupps ist die Schublade auf und mann ist gut deponiert.
Mir gehts auch gar nicht darum, diese Menschen zu ändern, das ist hoffnungslos. Mich ärgert es nur immer wieder, daß Menschen nur aufgrund Ihres äußeren Erscheinungsbildes beurteilt werden, nur damit man seine Ruhe hat und nicht nachdenken muß. "Ach, Du willst doch nur provozieren mit Deinem Rock...". Naja, daß es bequem ist und es mir einfach gefällt ist schon was anderes.

Und eigentlich sollte es mir auch ziemlich egal sein, weil ich so bin wie ich bin und trotzdem regt es mich auf, weil ich auch anders erzogen wurde...mit mehr Toleranz und Einfühlungsfähigkeit und ich bedauere diese Menschen(Männer, Frauen) weil sie es sich zu einfach machen und es nicht wagen, einmal querzudenken und neue Perspektiven suchen
Was mir trotzallem dann hilft, ist mein Glaube (bin ev. Christ) und die Gewißheit, daß Gott mich so nimmt, wie ich bin und ich nicht erst jemand anders zu sein brauche, um angenommen zu werden. Wenn das doch andere auch so sehen könnten...[image]

Viele Grüße,

Tempo

Re: Verkäuferin in der Identitätskrise

Dirkkleid, Sunday, 25.05.2003, 13:57 (vor 8080 Tagen) @ tempo

Hi JürgenB,
nette Geschichte, könnte mir auch passieren...wobei ich mich in den letzten tagen mal wieder über die Meinungen meiner Umwelt aufgeregt habe und die Sterotypen Meinungen, wie Mann zu sein hat und was männlich ist.
Eine gute Freundin sagte mir, im Gespräch mit anderen hätten viele gesagt, daß ich schon sehr weiblich wäre ("naja, das ist doch der, der im Männerrock rumläuft, Ballett macht und mehr Gefühle zeigt, den finde ich ziemlich weiblich") und flupps ist die Schublade auf und mann ist gut deponiert.
Mir gehts auch gar nicht darum, diese Menschen zu ändern, das ist hoffnungslos. Mich ärgert es nur immer wieder, daß Menschen nur aufgrund Ihres äußeren Erscheinungsbildes beurteilt werden, nur damit man seine Ruhe hat und nicht nachdenken muß. "Ach, Du willst doch nur provozieren mit Deinem Rock...". Naja, daß es bequem ist und es mir einfach gefällt ist schon was anderes.
Und eigentlich sollte es mir auch ziemlich egal sein, weil ich so bin wie ich bin und trotzdem regt es mich auf, weil ich auch anders erzogen wurde...mit mehr Toleranz und Einfühlungsfähigkeit und ich bedauere diese Menschen(Männer, Frauen) weil sie es sich zu einfach machen und es nicht wagen, einmal querzudenken und neue Perspektiven suchen>Was mir trotzallem dann hilft, ist mein Glaube (bin ev. Christ) und die Gewißheit, daß Gott mich so nimmt, wie ich bin und ich nicht erst jemand anders zu sein brauche, um angenommen zu werden. Wenn das doch andere auch so sehen könnten...[image]
Viele Grüße,
Tempo

Schubladen-Denken... Nun ja, es ist ja so schön einfach: Kein Nachdenken-Müssen, was ja anspruchsvollere mentale Arbeit bedeuten würde! Was mich persönlich am meisten stört, ist jedoch, wenn dieses Denken zu Diskriminierungen jeglicher Art führt! Von mir aus sollen mich die Leute doch für schwul oder sonstwas halten; damit schätzen sie mich zwar völlig falsch ein, was ich schade finde (Das kommt denn halt vom Schubladen-Denken, ätsch!) - aber jedem seine Meinung...
Ich persönlich finde es ebenfalls nervig, wenn man ständig versucht, hinter meiner Kleidung irgendeine Absicht zu suchen. Ich ziehe halt einfach an, wonach mir gerade ist und worin ich mich wohlfühle; das dies oft nicht dem gewohnten Erscheinungsbild entspricht, mache ich mir nicht zum Vorwurf! Ich persönlich höre auch oft, dass man / frau anziehen soll, was einem beliebt - ja natürlich, aber bitte nicht auffallen! (*brechreizbekomm*) Das ist für mich widersprüchlich: Wenn ich nun mal das mag, was - momentan! - noch als auffällig gilt, und ich das wiederum nicht anziehen soll, dann scheint es Kleidungsfreiheit ja nicht wirklich zu geben! Aus diesem Wirrwarr sol einer schlau werden! Also das anziehen, was einem gefällt. Schluss. Punkt.

Was religiöse Gruppierungen angeht, so muss ich hier Folgendes loswerden:
ich hatte im April einer Predigt einer christlichen Gemeinde beigewohnt, welche ich - obwohl ich kein überzeugter Christ bin - sehr eindrucksvoll fand, weil sie richtig lebendig und nicht so langweilig wie die mir bekannten Kirchen-Predigten war.
Nachdem nun alles vorbei war, kam ich mit Christinnen ins Gespräch, denen mein Outfit auffiel (Ich trug zwar keinen Rock, dafür Seidenstrümpfe, flache, als "weiblich" eingestufte Schuhe sowie lange Ohrringe.) Was mich extrem störte, war, dass sie mir einzureden versuchten, was für ein großes Problem (Minderwertigkeitskomplex)ich doch haben müsste und dass ich doch sehr leiden müsste! Ich fragte darauf naiv-tuend: "Wie kommst du denn da drauf?" Christin: "Du fällst doch auf!" Ich: "Ich fühle mich aber wohl, so wie ich gerade angezogen bin!" Christin: "Aber es fällt doch auf!" - Nun ja, so ging das dann noch eine Zeit lang. Dass es Menschen gibt, die sich einfach nur so kleiden, wie sie es möchten - unabhängig von irgenwelchen Moden, Normen etc. (die ja sehr einengend sein können); schien sie nicht einsehen zu wollen.
Der Hammer aber war dieser Kommentar: "Lass Jesus in dein Herz, dann nimmst du auch die Ohrringe raus." - Was soll ich dazu sagen? Ich hätte am liebsten lauthals losgelacht; aber um des lieben Friedens willen habe ich es dann - leider - doch nicht getan!

Einige Tage später habe ich mich mit einer Religionsstudentin eingehender unter-halten und ihr von meinem obigen Erlebnis erzählt. Daraufhin hat sie nur mit dem Kopf geschüttelt und gemeint, dass Jesus in der Bibel mit keinem Wort gesagt hat, welchen Kleidungsstil Mann / Frau haben soll... und das es schon gar keine Sünde wäre, wenn Mann im Rock, in Feinstrümpfen usw. herumliefe; denn dann wären ja nahezu auch alle Frauen Sünderinnen, welche sich die früher als ausschließlich "maskulines" Kleidungsstück geltende Hose zu ihren alltäglichen Kleidungsgewohnheiten gemacht haben.
Die Studentin fand es überdies bedauerlich, dass Religionen so oft falsch oder nach sehr persönlichen (!) Vorstellungen ausgelegt werden, um dadurch sogar Diskrimierungen zu rechtfertigen (eben auch Kleidungsnormen rechtfertigen); dies wäre schade, weil dadurch Religionen, wie z. B. das Christentum, einen abschreckenden Beigeschmack bekommen...


Gruß, Dirkkleid

Re: Verkäuferin in der Identitätskrise

tempo, Sunday, 25.05.2003, 15:20 (vor 8080 Tagen) @ Dirkkleid

<snipped my text>

Schubladen-Denken... Nun ja, es ist ja so schön einfach: Kein Nachdenken-Müssen, was ja anspruchsvollere mentale Arbeit bedeuten würde! Was mich persönlich am meisten stört, ist jedoch, wenn dieses Denken zu Diskriminierungen jeglicher Art führt! Von mir aus sollen mich die Leute doch für schwul oder sonstwas halten; damit schätzen sie mich zwar völlig falsch ein, was ich schade finde (Das kommt denn halt vom Schubladen-Denken, ätsch!) - aber jedem seine Meinung...
Ich persönlich finde es ebenfalls nervig, wenn man ständig versucht, hinter meiner Kleidung irgendeine Absicht zu suchen. Ich ziehe halt einfach an, wonach mir gerade ist und worin ich mich wohlfühle; das dies oft nicht dem gewohnten Erscheinungsbild entspricht, mache ich mir nicht zum Vorwurf! Ich persönlich höre auch oft, dass man / frau anziehen soll, was einem beliebt - ja natürlich, aber bitte nicht auffallen! (*brechreizbekomm*) Das ist für mich widersprüchlich: Wenn ich nun mal das mag, was - momentan! - noch als auffällig gilt, und ich das wiederum nicht anziehen soll, dann scheint es Kleidungsfreiheit ja nicht wirklich zu geben! Aus diesem Wirrwarr sol einer schlau werden! Also das anziehen, was einem gefällt. Schluss. Punkt.
Was religiöse Gruppierungen angeht, so muss ich hier Folgendes loswerden:
ich hatte im April einer Predigt einer christlichen Gemeinde beigewohnt, welche ich - obwohl ich kein überzeugter Christ bin - sehr eindrucksvoll fand, weil sie richtig lebendig und nicht so langweilig wie die mir bekannten Kirchen-Predigten war.
Nachdem nun alles vorbei war, kam ich mit Christinnen ins Gespräch, denen mein Outfit auffiel (Ich trug zwar keinen Rock, dafür Seidenstrümpfe, flache, als "weiblich" eingestufte Schuhe sowie lange Ohrringe.) Was mich extrem störte, war, dass sie mir einzureden versuchten, was für ein großes Problem (Minderwertigkeitskomplex)ich doch haben müsste und dass ich doch sehr leiden müsste! Ich fragte darauf naiv-tuend: "Wie kommst du denn da drauf?" Christin: "Du fällst doch auf!" Ich: "Ich fühle mich aber wohl, so wie ich gerade angezogen bin!" Christin: "Aber es fällt doch auf!" - Nun ja, so ging das dann noch eine Zeit lang. Dass es Menschen gibt, die sich einfach nur so kleiden, wie sie es möchten - unabhängig von irgenwelchen Moden, Normen etc. (die ja sehr einengend sein können); schien sie nicht einsehen zu wollen.
Der Hammer aber war dieser Kommentar: "Lass Jesus in dein Herz, dann nimmst du auch die Ohrringe raus." - Was soll ich dazu sagen? Ich hätte am liebsten lauthals losgelacht; aber um des lieben Friedens willen habe ich es dann - leider - doch nicht getan!
Einige Tage später habe ich mich mit einer Religionsstudentin eingehender unter-halten und ihr von meinem obigen Erlebnis erzählt. Daraufhin hat sie nur mit dem Kopf geschüttelt und gemeint, dass Jesus in der Bibel mit keinem Wort gesagt hat, welchen Kleidungsstil Mann / Frau haben soll... und das es schon gar keine Sünde wäre, wenn Mann im Rock, in Feinstrümpfen usw. herumliefe; denn dann wären ja nahezu auch alle Frauen Sünderinnen, welche sich die früher als ausschließlich "maskulines" Kleidungsstück geltende Hose zu ihren alltäglichen Kleidungsgewohnheiten gemacht haben.
Die Studentin fand es überdies bedauerlich, dass Religionen so oft falsch oder nach sehr persönlichen (!) Vorstellungen ausgelegt werden, um dadurch sogar Diskrimierungen zu rechtfertigen (eben auch Kleidungsnormen rechtfertigen); dies wäre schade, weil dadurch Religionen, wie z. B. das Christentum, einen abschreckenden Beigeschmack bekommen...

Gruß, Dirkkleid

Hi,

ich sprach auch ganz bewußt nicht von Kirchen. Mir ist schon klar, daß es dort Prägungen verschiedenster bauarten gibt, die (vielleicht) jede ihre berechtigung hat und deren Normen und Werte sehr unterschiedlich sein können, z.B. Jesusfreaks (www.jesusfreaks.de).
Wenn man vom Christentum spricht, kann man eigentlich nichts und alles sagen. Die Beziehung zu Jesus hat in erster Instanz zutiefst etwas mit Deiner persönlichen Beziehung zu tun und nichts mit Kirchen. Das ist ein Mißverständnis, was mir immer wieder begegnet.
Wenn die Bibel von Christsein spricht, so meint sie immer diese persönliche Beziehung; deshalb sage ich auch gerne im Zusammenhang mit solchen "menschlichen Schwächen und Beurteilungen", daß ich mich nicht vor Menschen zu rechtfertigen habe, sondern allein nur vor Gott
tempo

Re: Verkäuferin in der Identitätskrise

MAS, Tuesday, 27.05.2003, 19:05 (vor 8077 Tagen) @ tempo

Man könnte ja erwidern:

Laß Gott in Dein Herz, dann hörst Du auf, Dich über meine Ohrringe aufzuregen!

MrG

Michael

Re: Verkäuferin in der Identitätskrise

Johannes, Tuesday, 27.05.2003, 16:28 (vor 8077 Tagen) @ Dirkkleid

Tja dirkkleid.

abschreckender beigeschmack, der mir zur zeit ein bißchen sowas wie eine identitätskrise als christ beschert.

Lass Jesus in dein Herz, dann nimmst du auch die Ohrringe raus.
Derartige entsetzliche aussagen muß man sich immer wieder von "glaubensgenossen" anhören - manchmal sind das sogar ausgesprochen liebenswerte meschen.

Nicht nur in puncto rock/kleid - ähnliches auch in puncto nacktheit/fkk: "Das ist nicht der weg der heiligkeit" - "kein heiliger war nackt, die haben sich alle wohlverhüllt". Als ob die das wirklich wüßten! Was war dann z.b. mit Petrus und seinen fischer-kollegen? Die haben doch nackt gearbeitet! Waren in eine kultur eingebunden, in der nacktheit eine ganz andere bedeutung hatte als in unserer kultur.
Was ist mit unserem religionststifter selbst? Sein erdenleben begann nackt (wie das aller menschen) und endete nackt. Nur darf das halt nicht sein, drum wird ihm in den bildlichen darstellungen am kreuz oder auch als auferstanderer mindestens ein kleines tüchlein um die lenden gelegt (das war übrigens nicht von anfang an so - nur wurden solche darstellungen verschwinden gemacht...).

Aber was solls? Letztlich stehe ich doch drüber und bleibe christ.

Johannes